Foto: Christian eberhardt
beschreibung
Quartierssanierung Amberg / Deutschland - Architektonische Akupunktur
Bauherr : Wohnunternehmung Amberg
Architekt : Walter Unterrainer Feldkirch
Die bestehenden Garagen definieren einen Raumabschluss des Grünraums zur Strasse mit geringer Versiegelungsfläche und bilden einen autofreien quartiersbezogenem Grünraum. Das Garagenbauwerk wird in einen grünen Landschaftskörper transformiert : Wandbepflanzung plus Aufständerung auf das Dach von 5 Meter auskragenden Leichtmetallträgern mit Gittern für Rebpflanzen – Garagendach wird zur fünften GrünFassade für die Obergeschosswohnungen.
Die bestehenden Bäume im Wohnpark bleiben und die Bepflanzung und Spielanlagen wird landschaftsgärtnerisch ergänzt.
Begrünte, zentrale Fahrräderboxen geringer Höhe mit Müllsammelstelle schirmen den Blick vom Grünraum auf die rückseitigen Garagentore ab.
Die Zugangswege werden begradigt und ergänzt.
Die bestehenden Eingänge erhalten großzügige einladende, lichtdurchflutete Windfänge mit Vordach und innerem Platz für Briefkästen, Kinderwagen etc.
Barrierefreie Erdgeschosse mit interner Rollstuhlhebebühne :
Die Erdgeschosswohnungen werden durch den Abbruch der Trennwand und den Aufbau zweier Wände modifiziert, ohne das es für die Wohnungen einen grundrißlichen Nachteil ergibt. Dadurch entsteht eine durchgesteckte, lichtdurchflutete Eingangszone vom Terrain ins Hochparterre mit vielseitigen Blickbeziehungen, in die eine Rollstuhlhebebühne und eine 2. Treppe zum gegenüberliegenden Grünraum eingebaut wird. Diskriminierende und räumlich sehr problematische Rampenbauwerke werden vermieden, der Wohnungseingang ist qualitätvoll und für Behinderte und Nichtbehinderte derselbe.
Diese zweite Erschließung im EG hat neben der Barrierefreiheit (für alle Erdgeschosswohnungen) die Konsequenz, dass ALLE Wohnungen Zugang vom und zum gemeinsamen Grünraum bekommen ! Sowohl die Kommunikation im Außenraum als auch die Funktionalität (kürzere Wege von der Garage) werden verbessert.
Die gesamte transformierte Eingangszone ist durchlässig, großzügig, beidseitig belichtet mit beidseitigen Ausblicken. Der neue Eingang erhält eine seitlich und oben geschlossene Vorzone zur Distanzwahrung zu den Terrassen im EG.
Alle Balkone werden zu deutlich vergrößerten, wärmebrückenreduzierten Terrassen mit funktionellem Zuschnitt für Tisch und Stühle sowie rollstuhltauglich umgeformt.
Wirtschaftliche Konstruktion durch stützenlose (!) Auflagerung einer mit Polymerbitumen abgedichteten Holz-3-S-Platte mit unteren Druckstreben. Die verschiedenen Balkontiefen differenzieren den Balkon funktionell, strukturieren die Fassade und sind ein Element des Sonnenschutzes.
In den Wohnungen wird die Abstellnische im Garderobenbereich abgebrochen. Dadurch entsteht ein großzügiger, wohnungsinterner Eingangsbereich mit Garderobe und Rollstuhlkreis.
Die beseitigte Abstellnische im Flur wird kompensiert durch einen Abstellraum in der fensterlosen Ecke des Balkons. Dieser erhöht gleichzeitig die Privatheit zwischen den Balkonen und differenziert den Fassadenausdruck.
´Homöopathische´ Grundrissveränderungen bei den Bädern und bei der Küche bieten viele zeitgemäße Möblierungsvarianten, auch barrierefrei. Bad und WC wird zu einem (im EG rollstuhltauglichen) gemeinsamen Nassraum, in dem das WC wahlweise intern optisch und geruchsmäßig abgetrennt wird.
Wärmebrückenfreie Dämmung des Gebäudes mit (bei der Wand dampfdurchlässigem Material )
Außenwand: 0,18 W/(m².K) 20 cm PS WLG040 Kellerdecke: 0,25 W/(m².K) 10 cm PS WLG035 mit Dämmschürzen Oberste GD: 0,18 W/(m².K) 16 cm PS WLG035 mit Überdämmung Kniestock
Fassade wird als eingefärbte Putzfassade erhalten, keine Platten- oder Schindelfassade = kulturelle Nachhaltigkeit.
Einbau von Zuluftkastenfenstern lt. Beschreibung (Ausnahme Balkontüre)
Lage inneres Fenster wie im Bestand mit Isolierglas U= 1,0
Lage äußeres Fenster in neuer Dämmebene = Einfachglas U= 4,8
U-Wert Gesamtkonstruktion Gläser und Rahmen gemessen < 0,8
Luftvorerwärmung im Zwischenraum = low-tech Wärmerückgewinnung
Die Balkontüre ist aus Funktionalitätsgründen ein 3- fach verglastes, einflügeliges Element – die Brüstungen im Wohnraum werden zur Glasvergrößerung (Tageslicht) und zur Erzielung eines großzügigeren Raumgefühls entfernt und das Kastenfenster geht bis zum Fußboden.
Durch diesen Fenstertyp wird wärmebrückenfrei die äußere und innere Leibungstiefe optisch gewahrt.
Der Sonnenschutz, wo erforderlich, liegt wind- und wettergeschützt im Glaszwischenraum, als reflektierender und transparenter Screen.
Der bestehender Zentralkamin am Bad wird zum Abluftschacht für die Ablufträume Bad/WC + Küche (1 Strang pro Wohnung, mit Überströmung über Diele). Im Dachraum wird im Sommer wie im Winter die raumwarme Abluft über Wärmerückgewinnung bzw. Wärmepumpe zur Warm-wasseraufbereitung effizient genutzt - im Sommer ist die Wärme aus dem Dachraum die teilweise erforderliche Zusatzenergie. Damit gebäudeweise Warmwasserversorgung mit kurzen Wegen, Warmwasserbereiter im DG.
Einbau einer erweiterbaren Nahwärmeversorgung mit Pellets an zentralem Punkt für gesamtes Gebiet mit unterirdischem Pelletslager. Zufahrt von Pelletsfahrzeugen von außen ohne Störung des Grünraums..
Ein Edelstahlkamin an der Giebelwand wird zentrisch über das Dachniveau geführt.
Die hohe Fensterqualität und Außenwandtemperaturen erlauben von der Fassade unabhängig positionierbare Heizkörper und daher geringe Baumassnahmen.
Die Energiesysteme sind koordiniert und effektiv – keine Multiplizierung von ´Gürtel und Hosenträger´, System für den Benutzer nachvollziehbar :
a) Ein Lüftungssystem mit ´untechnischer´ und hygienischer Luftvorerwärmung im Kontext zu den Fenstern, die nach wie vor öffenbar sind. Regelung der Abluft (und damit indirekt der Zuluft) wohnungsweise automatisch. Abwärme der Lüftung = hochgradig effektive und über das Jahr gleichbleibende Grundlage für Wärmerückgewinnung und Wärmepumpe zur Warmwassererzeugung. Frischwassersystem, keine Legionellen. Keine Lüftungsleitungen, keine abgehängten Decken etc. - kaum Bauarbeiten innerhalb der Wohnungen.
b) Ein Heizsystem als effektives ´district heating´ ausschließlich mit Biomasse – Nacherwärmung des WW im Winter.
Bewusster Verzicht auf solare technische Systeme - mit im Verhältnis zu den Investitionskosten und vergleichsweise geringer Lebensdauer relativ niedrigem Wirkungsgrad - und die vor allem außer den Pellets im Winter in den Übergangszeiten ein Nachheizsystem als 3. Komponente benötigen. Kein ´Regelungssalat´ zwischen verschiedenen Systemen, keine Ökospoiler. Gebäudehülle und Technik greifen ineinander.